Karben (pm). »Die Digitalisierung betrifft auch Kinder im Grundschulalter. Sie und ihre Eltern sind im Zuge der Corona-Pandemie mehr denn je mit der Frage konfrontiert, wie man sicher und gesund mit digitalen Medien aufwachsen kann«, sagt Medienpädagoge Jörg Astheimer. Gemeinsam mit Lehrern der Selzerbachschule hatte er zum siebten Mal in Folge ein Medienkompetenzprogramm für Schüler der vierten Klassen, Eltern und Lehrer angeboten.
»Auch in Karben bestätigt sich der Trend, wonach in Familien digitale Geräte immer mehr Raum einnehmen, was auch den Alltag von Grundschülern verändert«, sagt Astheimer. Tablets und Spielkonsolen hätten Einzug in neun von zehn Familien gehalten. Spätestens ab dem fünften Schuljahr verfügten die meisten Kinder über ein eigenes Smartphone. Um auch während der Zeit des Homeschoolings mit anderen Kindern in Kontakt zu bleiben, hätten die meisten von ihnen dann Messenger wie WhatsApp genutzt.
»Vor der Corona-Pandemie hatten wir nie einen so hohen Austausch über WhatsApp wie heute. Aber es ist nachvollziehbar, dass Kinder und Eltern digital ›aufrüsten‹, damit die Kinder mit anderen in Kontakt bleiben können. Social Distancing hat zur Folge, dass Kinder ihr persönliches soziales Netzwerk online pflegen«, erklärt Astheimer.
Das eigene Smartphone bietet Zugang zu Apps wie Snapchat, Instagram und TikTok. Mit dem Kauf des Smart- phones hielten diese Apps Einzug im Kinderzimmer, die eigentlich erst für Jugendliche gedacht sind. Damit verbunden sei das gesundheitliche Risiko, dass Kinder und Jugendliche nachts weiter Nachrichten und Status-Updates checken, um nichts zu verpassen. Die gesundheitliche Aufklärung, in Kooperation mit der AOK Hessen, habe das Ziel, frühzeitig dafür zu sensibilisieren, welche Risiken mit einer hohen Nutzung von Netzwerken und Messengern verbunden ist. Das nächtliche Nutzen von Smartphones bei Jugendlichen habe sich zu einem der größten Probleme entwickelt. Daher sei es richtig, bereits im Grundschulalter aufzuklären.
Viele Kinder sähen in Handy-Sucht ein Risiko und würden Situationen kennen, in denen sie nicht aufhören könnten, das Gerät zu benutzen. Die Empfehlungen der Kinder, um eine Online-Sucht zu verhindern, könnten jeden Ratgeber ersetzen. Die Schüler seien sich einig, dass eine Beschränkung der Medienzeit das wichtigste Mittel sei, um einer Sucht vorzubeugen. Auch dürften Kinder nicht ihren Alltag, ihre Hobbys und ihre Freundschaften vernachlässigen.
Vom Förderverein unterstützt
»Regeln helfen, den Umgang mit digitalen Medien zu begrenzen«, sagt Astheimer. Meistens würden diese jedoch nur für Kinder aufgestellt. In den Elternabenden sei verdeutlicht worden, dass Medienregeln für die ganze Familie gelten sollten. Denn was Eltern selbst als Vorbilder vorlebten, präge das Nutzerverhalten der Kinder oft stärker als Regeln und Verbote.
In Workshops haben die Kinder Regeln formulierten, die sie sich für die Mediennutzung ihrer Eltern wünschen: Das gemeinsame Essen und Ausflüge ohne Smartphones oder Tablets zu verbringen, stand für die Kinder an erster Stelle. Eine weitere Regel: Eltern sollten pro Tag eine gewisse Zeit ohne digitale Geräte verbringen und ihre Aufmerksamkeit den Kindern schenken. Unterstützt wurde das Medien-Erziehungsangebot vom Förderverein der Schule.
Der Text erschien am 22.07.2021 in der Wetterauer Zeitung.
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