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Warum Medienkritik wichtig ist?

Mai 8th, 2023

Astheimer

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Wir betrachten Medienkritik als einen wesentlichen Aspekt der Vermittlung von Medienkompetenz – im Einklang mit den Zielen der Bildungspläne der Bundesländer. Diese kann sich auf alle medialen Formen und Phänomene beziehen. Gängige Themen der Medienkritik sind bspw. künstlichen Intelligenz,  InfluencerInnen, Social Media, Gaming, Datenschutz, Fake News, Verschwörungsmythen, usw. An dieser Stelle soll der Umgang mit Sprache (Sprachnachrichten) und Bildern (Sticker) in der Medienkommunikation von Kinder und Jugendlichen kritisch hinterfragt werden.

Immer wieder werden neue technische Funktionen in Apps integriert, mit denen wir miteinander kommunizieren. Dabei ist spannend, wie wir mit diesen umgehen. Diese Frage ist besonders spannend bei Sprachnachrichten in Messengern wie bspw. Signal, WhatsApp oder Instagram usw. Natürlich sind Sprachnachrichten nichts neues. Früher hat man sich dafür eigene Geräte angeschafft – Anrufbeantworter. Gegenüber Textnachrichten bieten sie einen sehr einfachen Zugang, sodass bspw. schon Kinder darüber kommunizieren können. Und die Ansprache ist persönlicher.

Doch nicht alle sehen darin eine Verbesserung der Kommunikation – selbst Kinder und Jugendliche nicht. Denn auch sie lernen Sprachnachrichten als etwas kennen, das ihnen gerne Zeit raubt. Sie nehmen darin Botschaften wahr, die sich über mehrere Minuten hinziehen – verschickt von Freunden, die oft ganz am Ende der Nachricht erst auf den Punkt kommen. Fragt man bspw. SchülerInnen der 5. bis 7. Klasse, so herrscht eigentlich eine große Unzufriedenheit gegenüber langen und ausufernden Sprachnachrichten. Meist sind sogar ganze Klassen einheitlich der Meinung, dass lange Sprachnachrichten keinen Platz in einer WhatsApp-Klassengruppe haben sollten. Allerdings: Die wenigsten beherzigen die Erwartungen der Peer-Group und ihrer Eltern. Und auch bei Erwachsenen ist dies kaum anders. Wir verändern unser Medienverhalten nicht und in der Folge übernehmen die Technologie-Anbieter die Regie. WhatsApp, Signal und Co. bieten uns mittlerweile als Lösung an, dass wir die Nachrichten im hohen Tempo abspielen können. In der Folge dieser ‚Erleichterung‘ kommen noch weniger NutzerInnen schnell auf den Punkt. Das heißt, beim Wechselspiel von Medientechnologien (hier: Messenger) und Mediennutzung haben die Technologieanbieter klar die Nase vor. Und mittels der angebotenen Erleichterung tragen sie zu einer ‚schleichenden‘ Akzeptanz der Kommunikationsform bei, weiterhin ausufernde Sprachnachrichten zu verschicken.

Medienkritik – auch in der pädagogischen Praxis – sollte hier ansetzen. Aus unserer Sicht genügt es nicht nur, Handlungs-Rezepte für einen ‚sinnvollen‘ Umgang zu vermitteln. Vielmehr sollte noch mehr danach gefragt werden, wie Technologien unser Verhalten und unser Leben beeinflussen und prägen.

So gesehen finden sich die Einflüsse vieler technische Neuerung sehr schnell im Alltag wieder. Beispielsweise hat das Herstellen und Verbreiten von ‚Stickern‘ auf denen andere SchülerInnen dargestellt werden in der letzten Zeit enorm zugenommen. Das ist wiederum nicht verwunderlich, wenn die Hersteller wie Apple, Samsung, etc. mittlerweile diese Funktion in den Galerie- bzw. Kamera-Apps integrieren. Der Hintergrund eines Fotos lässt sich per Knopfdruck entfernen und das freigestellte SchülerInnen-Porträt wiederum direkt als Sticker speichern und in der Messenger-Kommunikation einsetzen. Technisch ist das lange schon möglich, aber die Einfachheit ist noch recht neu.

Abzusehen ist, dass von den meistern SchülerInnen in den kommenden Jahren Sticker an Schulen  kursieren – meistens im Konflikt mit dem Recht am eigenen Bild. Schaut man auch hier kritisch auf die stattfindenden Veränderungen, zeichnet sich wohl ein kultureller Wandel ab, dass dem Recht am eigenen Bild immer weniger Bedeutung beigemessen wird. Vermutlich sind dabei die angebotenen Technologien genauso einflussreich wie die Mediennutzungsformen – etwas das Teilen von Privatem auf Social Media. Fragt man genau nach der Akzeptanz des Verbreitens von Stickern bei SchülerInnen, stellt man in der Regel fest, dass die meisten es keineswegs gut finden, wenn diese von ihnen verbreitet werden. Zugleich wird es eher resignativ hingenommen, da man sich kaum dagegen wehren könne, wenn Sticker von einem im Umlauf sind.

Jenseits vom Recht am eigenen Bild verstärkt sich damit auch die Tendenz, dass ‚images‘ von uns immer mehr Bedeutung einnehmen. Mit den Stickern, in denen sich oft auch die gängige Praxis der ‚Memes‘ wiederfindet, verbreiten sich also spezifische ‚images‘ von SchülerInnen und Schülern lokal in den Schulen – und in den Köpfen Ihrer MitschülerInnen. Und damit nährt man sich dem wohl momentan prägendsten medialen Rollenbild für Jugendliche: dem der InfluencerInnen – eben jene, die über Social Media nicht nur Inhalte sondern auch ein bestimmtes ‚image‘ von sich verbreiten. Es ist also kaum verwunderlich, dass Jugendliche sich, angesichts einer einheitlichen kulturellen Formation, hinsichtlich Ihrer Vorstellungen von Privatheit an ihren medialen Vorbildern (hier: InfluencerInnen) orientieren.

Lesen Sie hier auch zum Thema Medienkritik: Dialog zwischen Heidi Klum, Heidegger und Plato zum Thema Influencer

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