Über die frühen Fallstricke bei Whats-App und Co. Medienausbildung spielt an Pestalozzi-Schule wichtige Rolle / Förderverein und Rotary Club unterstützen
Kelkheim
Fast alle Kinder der Klasse 4 c an der Pestalozzi-Schule haben schon ein Handy. Gut die Hälfte nutzt Whats-App. Das ist nichts Außergewöhnliches mehr an Grundschulen, weiß Jörg Astheimer, der in die drei vierten Klassen gekommen ist. Zwischen 30 und 70 Prozent hätten in dem Alter bereits ein Smartphone. Geraten werde, es ab der 5. Klasse den Kindern zu geben, so der Kopf von „6 Degrees“, einer Initiative zur Förderung der Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen. Das Team besteht aus Medienwissenschaftlern, Pädagoginnen und Sozialarbeiterinnen.
Umso wichtiger ist es für Astheimer und die Schule, die Mädchen und Jungen mit der neuen Welt vertraut zu machen. Dank der Unterstützung des Rotary Clubs Kelkheim und des Fördervereins (Text rechts) kann sich das Team um Rektorin Julia Herrmann die Expertenrunden leisten. Selbst die erfahrenen Erwachsenen können noch was lernen. Gerne machen Rotary-Präsident Johannes Schmittat und sein designierter Nachfolger Jürgen Machalett bei einem Spiel mit. Die Kinder haben gelernt, dass sie möglichst anonym im Netz unterwegs sein, nicht Namen und Fotos preisgeben sollen. Statt dessen können sie sich einen Titel und ein Bild einfallen lassen. Die Mitschüler kommen schnell drauf, wer „Becks 0710“ mit einem Tierfoto ist. Oder wer zum Motiv eines Videospiels den Namen „Kotzkiste 07“ geschrieben hat. Wer aber ist „Otto“ mit einem Elefanten-Symbol? Nach ein wenig Rätselraten wird Schmittat enttarnt – ebenso wie Eintracht-Fan Machalett mit Adler-Bild und dem Namen „Kolo“ in Erinnerung an Spieler Kolo Muani.
„Das ist so eine sinnvolle Geschichte“, hebt der kommende Präsident hervor und bucht Astheimer gleich für einen Vortrag bei dem Rotary-Freunden. Zudem sagt er auch die Unterstützung fürs nächste Jahr zu. Schulleiterin Herrmann freut das sehr. Denn Astheimers Besuche seien ein wichtiger Baustein in der Medienerziehung. Die Drittklässler werden mit PCs vertraut gemacht, es gibt das „Internet-Abc“. Das sei an der Schule „ein großes Thema“, so Herrmann. Sie lasse die Kinder auch gerne mal recherchieren im Internet. „Damit sie lernen, das zu unterscheiden.“ In Sachen Handy gibt es hier klare Regeln: Das Gerät muss auf dem Schulgelände ausgeschaltet sein. Sobald die Kinder ihren Schulweg antreten, dürfe es genutzt werden.
Noch stärker in Lehrplan einbinden
Referent Astheimer geht mit den Kindern in jeweils rund 90 Minuten viel durch. Zum Beispiel, wenn ihnen jemand unangenehme Nachrichten schreibt. Wie aus der Pistole geschossen berichten die Mädchen und Jungen, was zu tun ist: nicht antworten, den Chat verlassen, die Person sperren, die Eltern oder Polizei rufen. Daraus macht Astheimer mit den Kindern einen Comic. Er fotografiert sie dafür in Posen wie Zurückweisung oder Schweigen.
Klein und groß sind begeistert. Lehrerin Conny Saucke lässt sich von einem Jungen erklären, dass ein „Skin“ ein anderer Charakter bei Spielen sei. Die Kinder seien mit der digitalen Welt schon sehr weit, deshalb sei das Seminar umso wichtiger. So manches Elternteil gebe dem Kind in dem Alter schon einen „Tik-Tok-Account“, wundert sich die Lehrerin. Sie fände es daher wichtig, die Medienerziehung noch stärker in den Lehrplan mit einzubinden.
An den Problemen und Gefahren habe sich zuletzt wenig geändert, weiß Astheimer aus unzähligen Kursen. Chat-Gruppen wie Whats-App verursachen „Unruhe“. Das Thema sei insgesamt „eine große Herausforderung für die Eltern“. Weshalb er zum Beispiel nicht zum Nachrichtenportal in der Grundschule raten würde. Astheimer schult sogar schon in den Kindergärten – dort allerdings mehr die Erzieher. Denn bestimmte Kitas legten schon großen Wert auf eine Erziehung auch mit digitalen Medien. Die Kinder kennen es nur als „Konsumgerät“. Dass es sinnvoll nutzbar ist – diese Handwerkszeuge möchte der Experte aus Karben allen Kursteilnehmern mitgeben. Und hat neue Themen wie „Chatbots“ oder Künstliche Intelligenz mit aufgenommen. wein
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